Gestern gesehen: „Battle Royale“ (2000) von Kinji Fukasaku.
Kurzreview
„Komm mir ja nicht zu nahe, ich schlitz’ dich auf wie einen Kartoffelsack!“
Vor dem Ansehen dieses Films dachte ich, das wäre einfach ein spaßiger Unterhaltungsfilm, in dem sich ein paar Mittelstufenschüler gegenseitig abschlachten. Aber wow, was für eine qualitativ hochwertige Überraschung dieser Film dann war!
Die ersten 30 Minuten sind noch einigermaßen normal, ein paar blutige Kills und davor eine kurze Einleitung. Die tödlichen Spiele auf einer abgelegenen Insel, welche eindeutig als Inspirationsquelle für „Die Tribute von Panem“ und „Squid Game“ dienten, finden regelmäßig statt, um bei ausgewählten Schulklassen quasi die Spreu vom Weizen zu trennen. Dieses gesetzlich verankerte Vorgehen geht dabei jedoch von der sehr wahrscheinlich falschen Prämisse aus, verstörte bzw. emotionslose Killermaschinen, die diese Spiele als letzte Überlebende gewinnen, seien fördernde Mitglieder der Gesellschaft eines dystopischen Japans, das Probleme mit Arbeitslosigkeit hat.
Im weiteren Verlauf der Handlung treffen die kleinen Grüppchen auf spannende und teils unerwartete Weise aufeinander, was meist in brutalen Morden endet. Die Charakterzüge und Vergangenheiten der Schüler blitzen immer wieder auf. Gerade der Flashback mit dem Glatzen-Pedo ist eindrucksvoll umgesetzt.
Eine Schülerin geht auf einen männlichen Schüler los, der sie gerade bedrängt hat, und sticht ihm in rascher Folge rasend vor Wut in die Kronjuwelen, dass das Blut nur so spritzt – sehr genüssliche Todesszene, kann ich konstatieren! Zwar sind die Gewalthandlungen an sich nicht übermäßig detailreich im Bild, dafür gibt es aber auch sehr viele davon im Film, was keine Langeweile zulässt. Meine Güte, das liest sich ja fast schon wie ein Indexbericht hier. Tatsächlich wurde der Film gleich mehrfach von den Nichtskönnern der Indexbehörde indiziert und sogar durch die Sesselfurzer am berüchtigten Amtsgericht Fulda beschlagnahmt. Beides glücklicherweise wenige Jahre später aufgehoben, dank des wohlhabenden Rechteinhabers.
Abseits der netten Bluteffekte und den angespannten Misstrauensverhältnissen zwischen den herumstreifenden Schülern, hat die große Insel starkes Potenzial für exquisite Naturaufnahmen, was der Regisseur auch nicht verkannt hat. Egal ob Waldschrein, felsiger Strand oder Regenfall durchs Blätterdach, alles ist so treffsicher eingefangen, dass ich schon fast an Kunstfilme denken muss. Künstlerisch wertvoll ist auch der spätere Handlungsverlauf, der einen vermehrt philosophischen Anstrich hat und den Zuschauer gegen Ende am Gesehenen zweifeln lässt.
Leider kann ich mir asiatische Namen und Gesichter sehr schwer einprägen, sodass es teilweise schwierig zu verstehen ist, welcher Typ jetzt mit welchem Mädchen unterwegs ist, gerade weil so oft der Erzählstrang wechselt. Ein Glück also, dass es nach und nach immer weniger werden. Allerdings schafft es der Film trotzdem, mit Unterstützung des klassischen Soundtracks, eine emotionale Bindung zwischen dem Zuschauer und einigen Schülern aufzubauen.
Gesehene Fassung: Uncut 4K UHD HDR Blu-ray (Extended) mit deutscher Synchro
Cover
Screenshots
Alle weiteren Screenshots gibt es hier: https://berny23.de/battle-royale-2000/